• Anfang Januar war unser Clubmitglied Christoph Gerlich mit Sepp Wiegand bei der Jänner-Rallye in Österreich im Einsatz. Allerdings ging es nicht um eigene Bestzeiten und Platzierungen. Sepp und Gerli fungierten als sogenannte „Eisspione“ für das österreichische Rallyeteam Luca Waldherr und Claudia Maier. Im folgenden Interview erzählen sie über ihre wichtige Aufgabe, welche auch in der Rallyeweltmeisterschaft vertreten ist. 
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    CAMC: Was sind die Aufgaben eines Eis-Spions?

    Sepp Wiegand: Da das Abfahren der Wertungsprüfungen bei größeren Rallyes meist schon 1 - 2 Tage vor der eigentlichen Rallye stattfindet, und diese danach nicht mehr besichtigt werden dürfen, können sich die Bedingungen im Winter oder eben bei grenzwertigen schlechten Witterungsbedingungen in dieser Zeit wieder grundhaft ändern. Dadurch benötigt die Fahrerpaarung die aktuellen Infos der Bedingungen im Detail kurz vor dem Start der jeweiligen Strecke. Es ist also eine Art Aktualisierung des Zustandes der Wertungsprüfung. Genauso ist es zwischen den beiden Durchgängen einer Wertungsprüfung. Denn dann fährt man erneut drüber, um die aktuellen Infos für den 2. Durchgang übermitteln zu können. Diese sehen dann in fast jeder Ecke nochmal anders aus.

     

    CAMC: Kann jeder Eis -Spion werden?

    Christoph Gerlich: Grundlegend gibt es da keine Vorgaben. Allerdings macht dies eigentlich nur mit erfahrenen Piloten Sinn. Man benötigt eine gewisse Erfahrung oder ein gutes Gefühl um die verschiedenen Gripplevel einschätzen und entsprechend beschreiben zu können. Dazu kommt, das man eine gewisse Vorahnung benötigt wo es glatt werden kann wenn sich die Bedingungen verschlechtern.

     

    CAMC: Sepp und Gerli, das Wetter war eher nicht so winterlich rund um Freistadt, hattet ihr trotzdem was zu tun?

    Sepp Wiegand: Ziemlich viel sogar. Durch das nasse Wetter und die vielen Möglichkeiten, die Kurven zu schneiden, waren die Bedingungen trotzdem extrem rutschig und es lag viel Dreck auf der Strecke. Teils braucht man, auch wenn noch kein Dreck auf der Straße liegt, ein gutes Gefühl, um vorab schon zu erahnen, wo nach den ersten Fahrzeugen der Dreck liegen wird und es gefährlich sein kann.  Zudem waren beim sogenannten „Recce“ ein paar Tage vorher teilweise wirklich noch Eis-Passagen, die wir also entschärfen und den Aufschrieb von Luca und Claudia optimieren konnten.

     

    CAMC: Wie konntet ihr auf den Aufschrieb des Teams zugreifen und wie habt ihr die Änderungen übermittelt?

    Christoph Gerlich: Claudia Meier hat sich die Arbeit gemacht, ihren kompletten Aufschrieb ein zweites Mal zu schreiben, den ich mit Sepp nutzen konnte. Wir konnten also wie gewohnt, mit Radiergummi, Bleistift usw. Korrekturen vornehmen. Die Änderungen habe Ich dann an Claudia telefonisch weitergegeben, was nur durch eine exakte Nummerierung der Seiten und Zeilen und einer ordentlichen Übersicht des Aufschriebs möglich war.

     

    CAMC: Gab es noch andere Aufgaben für euch, außer die Optimierung des Aufschriebs?

    Sepp Wiegand: Dadurch, dass wir die Wertungsprüfungen unmittelbar vor den ersten Autos im Wettbewerb befahren konnten und damit ziemlich genau abschätzen konnten, was die Fahrer wirklich erwartet, waren die Themen Setup und Reifenwahl auch sehr präsent für uns und wir konnten in Abwägung des aktuellen Rankings Entscheidungshilfen leisten und Empfehlungen abgeben.

     

    CAMC: Wie sahen eure Tage während der Veranstaltung aus?

    Christoph Gerlich: Mit „Ausschlafen“ war „leider“ nicht viel. Der Wecker klingelte jeden Morgen kurz nach 05:00 Uhr. Da wir, wie Sepp schon erwähnte, dem Team auch Informationen in Richtung Setup und Reifenwahl geben wollten, mussten wir mit der Besichtigung aller Wertungsprüfungen einer Sektion (von Service bis Service) fertig sein, bevor das Team aus dem Service rausgefahren ist. Wir mussten ständig darauf achten, die Übersicht über den Zeitplan zu behalten und Änderungen oder Verzögerungen auf dem Schirm zu haben. Abends saßen wir im Hotel zusammen und erarbeiteten uns die Übersicht für den nächsten Tag. Dabei spielten die Startzeiten der Wertungsprüfungen, die Service-OUT Zeiten und die Zeiten, bis wann wir die WPs befahren werden konnten eine große Rolle. Unsere Tage, waren lang und auch doch Recht anstrengend, aber wir hatten auch viel Spaß und konnten uns sofort in die harmonische und professionelle Zusammenarbeit des Teams von WMS einbringen.

     

    CAMC: Gibt es einen Unterschied zwischen Eis-Spionen und einer sogenannten Gravel Crew?

    Sepp Wiegand: Im Prinzip ist die Herangehensweise ähnlich wie beschrieben. Nur im Winter sichtet man eben Eis und Schnee und bei wärmeren Temperaturen Dreck und Matsch.

     

    CAMC: Habt Ihr neben den beschriebenen Dingen auch den Aufschrieb verändert?

    Christoph Gerlich: Da so schon ziemlich viele Infos zu ergänzen sind ist das nur bedingt möglich. Auch macht es nicht so viel Sinn, da jeder Fahrer ein etwas anderes System und Verständnis haben kann. Es kann also sogar gefährlich sein einfach etwas am Schrieb zu ändern. Nur grobe Fehler, die so sicher nicht aufgehen können, werden geändert, um einen möglichen Fahrfehler zu verhindern.

     

    CAMC: Hattet Ihr dafür ein Spezielles Fahrzeug?  

    Christoph Gerlich: Wir haben das "Recce Auto" also das Aufschriebfahrzeug von Luca und Claudia übernommen. Das war ein normales Serienauto. Dieses war dann nur mit "ICE Crew" gekennzeichnet, das uns eine Zufährt über die Wp's erlaubte. Abgefahren sind wir langsam, das war Sepp wichtig um alle Gegebenheiten sehen und vermerken zu können. Ansonsten waren wir ausgestattet als hätten wir selbst den Aufschrieb erstellt. Sepp hatte seinen Tripmaster für die Distanzen auf den Geraden und den Kurven und ich einen für die Arbeit mit dem Roadbook.

     

    CAMC: Last but not least, hoffen wir euch am Start der diesjährigen Rallye Erzgebirge zu sehen. Da kann es noch winterlich sein. Wird es für Euch auch einen Eis-Spion geben, falls Ihr selbst am Start steht?

    Sepp Wiegand: Winterliche Bedingungen Ende März / Anfang April sind bei uns im Erzgebirge in der Tat nicht ungewöhnlich. Eis-Spione als solches wird es aber wohl nicht geben. Ich würde dann eher auf die Unterstützung unserer Fans vertrauen, die uns vor allem über die jeweilige Wetterlage auf dem Laufenden halten. Denn die Wahl der richtigen Reifen entscheidet nicht nur über die schnellste Zeit, sondern auch um eine entsprechende Sicherheit. Am Ende des Tages ist es schließlich das wichtigste, nach einem guten Tag gesund nach Hause zu kommen.

     

    Im Bild: Christoph Gerlich fotografiert nach dem Abfahren der Wertungsprüfung den überarbeiteten Aufschrieb ab, um diesen ins Cockpit von Luca Waldherr und Claudia Maier zu übermitteln - Foto: Sepp Wiegand